2. Mai 2020

Backen mit Wildhefe

Seit einigen Tagen liegen sie wieder im Supermarkt Regal: Die laminierten Päckchen mit der Trockenhefe. Doch Industriehefe interessiert mich nicht mehr, denn in meinem Kühlschrank wartet eine Flasche mit schäumender Wildhefe. Inzwischen verfügt meine selbst gezüchtete Hefe über eine gute Triebkraft, die Brote werden wunderbar locker und schmecken ganz hervorragend. Bis es so weit ist, kann es aber etwas dauern.

Artikel über die Herstellung von Wildhefe

 

Hefewasser verbacken und auffrischen

Backen

Die gängige Empfehlung lautet: 60 % der Wassermenge im Rezept durch das Hefewasser ersetzten. Alternativ einen Vorteig ansetzten, bei dem die komplette Wassermenge durch das Hefewasser ersetzt wird. Für den Hauptteig ist dann kein Hefewasser mehr erforderlich.

Vermehren

Irgendann geht das Hefewasser zur Neige. Eine Restmenge von 50 ml genügt als Starter für ein neues Hefewasser. Das Prozedere ist denkbar einfach: 50 ml Hefewasser mit 500 ml frischem Wasser und 2 EL Zucker in eine Flasche füllen, schütteln und ca. 12 Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen. Rosinen oder sonstige Hefe-Lieferanten sind nicht mehr notwendig: Hefen sind ja bereits vorhanden, wir müssen sie nur füttern. Ich gebe allerdings trotzdem gern Trockenfrüchte hinzu, weil es dem Hefewasser eine interessante Geschmacksnote verleiht.

Aufbewahrung

Das Hefewasser sollte im Kühlschrank aufbewahrt werden. Das Gefäß darf fest verschlossen werden. Allerdings gärt frisch vermehrtes Hefewasser bei mir so stark, dass ich befürchte, die Flasche könnte platzen. In den ersten Tagen lege ich den Deckel deshalb immer nur lose auf.

Ein gesundes Hefewasser hält sich im Kühlschrank etwa ein Jahr. Wurde es länger als zwei Wochen nicht mehr gefüttert, würde ich das Hefewasser vor dem Backen aber wieder auf Trapp bringen (wie unter "Vermehren" beschrieben).

 

Backen mit Hefewasser: Rezepte

 Bei den ersten Backversuchen war die Triebkraft meiner Hefe noch recht schwach. Erst nach mehreren Wochen und zwei, drei Auffrischungen entwickelte meine Hefe eine Triebkraft, die der von Industrie Hefe nahe kommt. Die folgenden Rezepte eignen sich gut für die Anfangszeit. Ich gehe davon aus, dass du bereits Erfahrung mit dem Brotbacken hast und beschränke mich bei den Anweisungen auf die Besonderheiten der wilden Hefe. Da es bei uns kein helles Weizenmehl mehr gab, habe ich hauptsächlich mit selbst gemahlenem Dinkel und Kamut gebacken. Bei der Verwendung von hellem Weizenmehl kann vermutlich auf das Quellstück verzichtet werden. Ausprobieren konnte ich das aber leider nicht.

 

Die ersten Versuche

Da sich der Hefewasser Teig etwas anders anfühlt es ist sinnvoll, erst mal nur eine kleine Portion zu verarbeiten. Ich habe bei den ersten Backversuchen immer nur 100 g Mehl verarbeitet. Möglich wäre also folgendes Rezept:

100 g Mehl mit 2 g Salz und 65 ml Hefewasser vermischen und kucken, was passiert.

Es kann beim ersten Backversuch durchaus einen Tag dauern, bis der Teig einigermaßen aufgegangen ist. Mit diesem Standard Rezept hatte ich nicht viel Erfolg. Viel besser ging es mit einem Vorteig:

Morgens für den Vorteig: 40 ml Hefewasser mit 35 Gramm Mehl und einer Prise Zucker vermischen. Bei Zimmertemperatur 8 bis 12 Stunden stehen lassen.

25 ml Wasser; 65 Gramm Mehl und 1,5 Gramm Salz hinzufügen, 10 min kneten, eine Kugel formen und den Teig im Kühlschrank über Nacht gehen lassen.

Am nächsten Morgen den Teig in die gewünschte Form bringen. Backen, wenn der Teig gut aufgegangen ist.

Wer sich scheut, für eine derart kleine Menge den Backofen anzuwerfen formt ein oder zwei Fladen und backt sie in der Pfanne.

 

Schnelles Brot mit wilder Hefe

Damit ein Brot mit der wilder Hefe schnell aufgeht, braucht es zweierlei: einen großen Anteil an Hefewasser und einen weichen Teig. Bei mir hat hat das schnelle Backen nur funktioniert, wenn ich die gesamte Flüssigkeit durch Hefewasser ersetze. Hier mein Rezept:

400 Gramm Dinkel Vollkorn

100 Gramm Dinkel Type 600

500 ml Hefewasser

6 Gramm Flohsamen

10 Gramm Salz

Zunächst die Flohsamen in der Hälfte des Hefewassers quellen lassen. Das dauert etwa 10 bis 20 Minuten. Das Quellstück anschließend mit den übrigen Zutaten zu einem Teig verkneten. Durch das vor-gequollene Hefewasser lässt sich dieser weiche Teig recht gut bearbeiten. Danach weiter wie üblich: Teig aufgehen lassen – Brot formen, nochmal gehen lassen – backen.

Bei mir hat es bei jeder Geh-Zeit etwa zwei Stunden gedauert, bis der Teig sich deutlich vergrößert hat. Da die Triebkraft bei jedem Hefewasser anders ist, müssen wir deshalb „auf Sicht“ backen.

 

Ein langsames Brot (besonders lecker) mit wilder Hefe

Diese Variante braucht deutlich länger, hat mir aber auch deutlich besser geschmeckt.

375 Gramm Dinkel Vollkorn

100 Gramm Dinkel hell

25 Gramm Leinmehl oder Kartoffelflocken

50 ml Hefewasser

350 ml Wasser

10 Gramm Salz

 

Vorbereitung:

Das Hefewasser mit 70 Gramm des Dinkelmehls vermischen. 10 Stunden reifen lassen. Gleichzeitig das Leinmehl bzw. Kartoffelflocken mit mit 100 ml Wasser vermischen und quellen lassen.

 

Mischen und Backen

Nach diesen 10 Stunden sollte der Vorteig deutlich aufgegangen sein. Gemeinsam mit dem Quellstück und allen anderen Zutaten einen Teig kneten. Weiter wie immer: Teig aufgehen lassen, formen und nochmals gehen lassen, backen. Das Aufgehen des Teiglings dauert mit neuem Hefewasser lange, bei mir meist sechs bis acht Stunden. Das geformte Brot geht dann schneller: Nach gut zwei Stunden kann das Brot in den Ofen.

Das Leinmehl bzw. Kartoffelflocken kannst du auch durch andere Mehle ersetzen. Ich experimentiere gern mit Eiweiß- und Ballaststoffreichem Mehl. Gut schmeckt mir Soja- Hanf- oder Kichererbsenmehl. Für ein besonders Eiweiß- und Ballaststoffreiches Brot kann bis zu 75 Gramm dieser Sondermehle hinzugefügt werden. Dann schmeckt man den Charakter des jeweiligen Mehls deutlicher.

Du kannst natürlich auch nur mit Dinkel oder Weizen backen, dann würde ich die Wassermenge etwas reduzieren.

 

Süßes Brot mit wilder Hefe

 Beim süßen Brot war die Herausforderung eindeutig am größten. Mit Vollkorn und der anfangs triebschwachen wilden Hefe ein saftig, fluffiges Brot zu backen war nicht ganz einfach. Süße Brote backe ich immer mit Milch. Deshalb eignet sich nur die Variante mit dem Vorteig. Mit Kamut fand ich das Ergebnis am besten. Auch, weil die Krume dann so schön gelb wird und das Brot nicht nach Vollkorn aussieht. Dinkel oder Weizen gehen aber auch. Durch den hohen Flüssigkeitsanteil und die Kartoffelflocken wird das Brot trotz Vollkorn schön locker und saftig.

 

Zutaten

300 Gramm Kamut

100 Gramm helles Dinkel oder Weizenmehl

50 Gramm Sojamehl

50 Gramm Kartoffelflocken

50 ml Hefewasser

400 ml Milch

10 Gramm Salz

Zucker Honig oder sonstige Süßungsmittel nach Geschmack, ich nehme 2 EL Honig plus 1 TL Zucker für den Vorteig

 

Vorbereitung optional:

 

Um die Hefen auf Trapp zu bringen und für eine besonders exquisite Geschmacksnote gebe ich zum Hefewasser einen EL Rosinen und einen TL Zucker. Das ganze lasse ich drei bis vier Stunden ziehen, bevor ich mit diesem verfeinerten Hefewasser den Vorteig zubereite. Die Rosinen können mit ins Brot, sie schmecken etwas nach Rumtopf. Ich mag mein Brot lieber ohne Rosinen, sie lassen sich leicht entfernen.

 

Vorteig und Quellstück

 

70 Gramm Mehl und 50 ml Hefewasser vermischen. Wenn du auf die oben genannte Vorbereitung verzichtet hast, muss jetzt noch ein TL Zucker in den Vorteig.

 

Gleichzeitig in einem separaten Gefäß die Kartoffelflocken mit 200 ml Milch quellen lassen.

 

Beide Ansätze sollten 8 bis 12 Stunden stehen bleiben. Die Kartoffel-Milch Mischung stelle ich zum Quellen in den Kühlschrank.

 

Mischen und Backen

 

Quellstück und Vorteig mit allen übrigen Zutaten verkneten. Bei Broten wie diesem mit hohem Kartoffelanteil knete ich von Hand. Die Maschine knetet schnell einen Brei. Wie üblich Teig gehen lassen, Brot formen uns erneut gehen lassen. Anschließend backen.

 

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Hast du auch schon mit Hefewasser gebacken? Da es insgesamt sehr wenig Rezepte zu diesem Thema gibt freue ich mich besonders über Erfahrungsberichte und Lieblingsrezepte!

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